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13. November 2014
Der Bann ist gebrochen: Im fünften Duell gegen den TV Wetzgau in drei Jahren gewinnt die KTV Obere Lahn erstmals

Kunstturnbundesliga 7. Wettkampftag 2014Schwäbisch Gmünd. Die Freude ist groß – riesengroß: Nachdem Jakob Paulicks als letzter Turner des Abends seine Reckübung in den sicheren Stand bringt, liegen sich die Biedenkopfer Kunstturner jubelnd in den Armen. Denn am Ende dieses hochspannenden Wettkampfes steht fest, dass Obere Lahn das Saisoziel, den Einzug in das Finale der Deutschen Turnliga, erreicht hat. „Das ist ein genialer Erfolg“, betont Trainer Albert Wiemers froh. Und auch Andrey Likhovitskiy strahlt bis über beide Ohren. Er sagt: „Wir fahren schon wieder nach Karlsruhe: Ich bin einfach super glücklich!“

Mit dem Reisebus sind Turner und Fans gemeinsam aus dem Hinterland nach Baden-Württemberg gefahren. Fast fünf Stunden dauerte die Reise. Doch schon die Begrüßung vor Ort, entschädigt für die Strapazen: Fußballfans auf dem benachbarten Sportplatz, auf dem soeben ein Spiel endete, skandieren lautstark: „Wir wolln die Sieger sehen!“ Sofort stimmt auch die Biedenkopfer Fangemeinde in den Jubel ein, mit Trommeln, Tröten und Signalhorn.

Wetzgau – viermal hatte Obere Lahn in den letzten Jahren gegen den Verein verloren, zuletzt im Finale um die Deutsche Meisterschaft vor einem Jahr. Und diesmal geht es um nicht weniger, als die Frage, welcher der beiden Vereine als vierter Finalist nach Karlruhe fahren darf. Mit dem Sieg gegen Chemnitz/Halle vor zwei Wochen, kletterten die Oberhessen auf den vierten Tabellenplatz (8:4 Saisonpunkte). Die Schwaben belegten den fünften Rang (6:6), hatten aber mit 53:19 die bessere Gerätepunktedifferenz (Obere Lahn: 47:25). Deshalb untermauern die Gäste vom ersten Gerät an ihre Final-Ambition: Nach Jakob Paulicks Unentschieden am Boden gegen Dominik Pfeifer, streicht Fabian Hambüchen drei Punkte gegen Helge Liebrich ein. Dann allerdings verstolpert Scott Morgan die letzte Bahn seiner Bodenübung, verliert dadruch drei Zähler an Nationalturner Andreas Toba. Schließlich sichert Waldemar Schiller den Geräteerfolg: Mit seiner besten Darbietung in dieser Saison (13,40 Punkte; Ausgang: 5,0) gewinnt er im Duell gegen Johannes App, der mehrfacht patzt, vier Scorepunkte. Am Pferd kann Sebastian Quensell den Rückenwind aber nicht ausnutzen, steigt einmal ab. Doch Wetzgau verpasst die Gelegenheit, macht einen taktischen Fehler: Anstelle nun den schwächsten Turner des eigenen Quartetts, Christian Keil, dagegen zu setzen, in der Hoffnung auch mit ihm Quensell Paroli bieten zu können, schicken die Schwaben den starken Rumänen Marius Berbecar in das Duell. Der streicht dann zwar vier Punkte gegen Obere Lahn ein. Dafür verliert im letzten Zweikampf aber Wetzgaus Schwächster fünf Punkte gegen Fabian Hambüchen, der wiederum gegen Berbecar nur ein Unentschieden erreicht hätte. Zusammen mit den vier Scorepunkten von Andrey Likhovitkiy gegen Helge Liebrich, sind auch die zwei Punkte von Toba gegen Fabian Lotz bedeutungslos – 6:9, Gerätesieg für Obere Lahn. Mit einem deutlichen 2 zu 7 an den Ringen können die Gäste den Vorsprung weiter ausbauen, führen zur Pause bereits mit zwölf Punkten. Das Polster ist allerdings notwendig, sind doch Sprung und Barren die stärksten Geräte der Gastgeber. Und tatsächlich verliert das Trio Hambüchen, Schiller und Jasper Vennemann am Sprungtisch acht Zähler an Liebrich, Toba und Berbecar. Nur Morgan, dem der beste Sprung seiner Karriere (15,00 Punkte; Ausgang 5,6) gelingt, kann einen Dreier einsammeln. Das Wetzgauer Publikum feiert die Aufholjagd ihrer Turnhelden – und erleben danach ein (aus ihrer Sicht trauriges) Turnliga-Novum: alle vier Duelle am Barren enden unentschieden. Liebrich und Lotz erreichen 14,1 Punkte, Keil und Paulicks 13,9. Zwar schlägt Toba (14,85) Likhovitkiy (14,8) und Berbecar (15,55) Hambüchen (15,45). Doch beide Differenzen liegen im Toleranzbereich, plusminus 0,1. Vor dem letzten Gerät führt Biedenkopf weiterhin mit sieben Punkten. Die starke erste Reckübung von Likhovitkiy soll Toba kontern, verfehlt bei seinem zweiten Flugelement aber die Stange und fällt auf die Matte. Sekundenlang bleibt der Wetzgauer liegen, starrt mit versteinerte Miene an die Hallendecke – fünf Punkte für Likhovitkiy. Rechnerisch ist noch alles offen, tatsächlich aber nicht. Denn Albert Wiemers hat noch Lotz, Hambüchen und Paulicks in der Hinterhand. Für Wetzgau endet der Finaltraum: „Ich bin traurig“, betont Andreas Toba niedergeschlagen. Seine Mannschaft sei auf der vierten Position zu schwach gewesen, das Finale damit Geschichte. Als er unter dem Reck auf dem Boden gelegen habe, sei ihm bewusst gewesen, dass nichts mehr geht. „Ich war total fertig, das war ein anstrengender Tag“, sagt der Nationalturner. Am anderen Ende der Halle feiert die KTV das Erreichen des Finalkampfes um Platz drei. „Wir haben als Team gut geturnt, waren sehr fokusiert“, stellt Scott Morgan fest. Nur sein Fehltritt am Boden ärgert den Kanadier: „Ich habe mich gut gefühlt, wollte aber vielleicht einfach zu viel!“ Waldemar Schiller ist voll zufrieden, sein Sprung sei gut, seine Bodenübung „top“ gewesen. „Besser kann ich es nicht machen“, freut sich der Biedenkopfer.

Ein erfolgreiches Turnjahr neigt sich seinem Ende entgegen. „Aber noch ist es eben nicht vorbei“, bemerkt Andrey Likhovitskiy, siegeswillig, mit einem Augenzwinkern.

TV Wetzgau – KTV Obere Lahn 21:40; Wettkampfpunkte: 329,85:339,10; Gerätepunkte: 3:9. Boden 3:7: Pfeifer – Paulicks 0:0, Liebrich – Hambüchen 0:3, Toba – Morgan 3:0, App – Schiller 0:4. Pferd 6:9: Berbecar – Quensell 4:0, Toba – Lotz 2:0, Liebrich – Likhovitkiy 0:4, Keil – Hambüchen 0:5. Ringe 2:7: Berbecar – Lotz 2:0, Liebrich – Morgan 0:3, Keil – Vennemann 0:3, Toba – Hambüchen 0:1. Sprung 8:3: Liebrich – Hambüchen 2:0, Toba – Schiller 2:0, Berbecar – Vennemann 4:0, App – Morgan 0:3. Barren 0:0: Liebrich – Lotz, Toba – Likhovitkiy, Berbecar – Hambüchen, Keil – Paulicks, alle 0:0. Reck 2:14: Toba – Likhovitkiy 0:5, Liebrich – Lotz 2:0, Berbecar – Hambüchen 0:4, Keil – Paulicks 0:5. Topscorer: Hambüchen 13, Berbecar 10, Likhovitkiy 9. Saisonwertung Topscorer – Endstand: 1. Vernaiev (Saar) 114, 2. Likhovitkiy 94, 3. Hambüchen (beide Obere Lahn) 91.

 

Von Bene Bernshausen

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