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7. Mai 2013
Obere Lahn schlägt Vizemeister

Fabian Gonzales. Foto: Benedikt BernshausenVon Benedikt Bernshausen: Für einen kurzen Augenblick wurde es still in der Halle. Gerade haben Fabian Hambüchen und Oleg Stepko das letzte Duell geturnt – das Duell, das den Wettkampf entscheiden wird. Vier Punkte fehlen Biedenkopf zum Sieg. Die Spannung erreicht ihren Höhepunkt. Und dann spricht Moderator Jan Reuter die erlösenden Worte: „Es gibt rote Punkte: vier Punkte für Obere Lahn!“
Sofort brechen alle Dämme: Turner und Trainer springen über die Bodenmatte, jubeln und tanzen. Die Fans feiern ihre Helden, singen ihr Lied für die „Mannschaft aus Titan“. Waldemar Schiller findet es
„unbeschreiblich“ und Thore Gauch „einfach überragend“. Im ersten Heimwettkampf der neuen Saison schafft Biedenkopf die Sensation und schlägt den deutschen Vizemeister KTV Straubenhardt denkbar knapp mit 35:34 Scorepunkten. „Das ist absolut genial! Das hätten wir uns nie träumen lassen!“, schwärmte Trainer Albert Wiemers nach dem Herzschlag-Finale.

Bis zum Barren habe seine Mannschaft sensationell geturnt, stellte der Cheftrainer fest: ohne Fehler an Boden und Pauschenpferd, ordentlich an den Ringen, genial am Sprung.
Dabei überraschte Biedenkopf den Gegner und die Fans in der Halle: Denn auf der Ausländerposition setzte Obere Lahn am Boden und Sprung nicht Andrey Likhovitskiy sondern Fabian Gonzales ein, den Neuzugang aus Palma de Mallorca. „Und das hat am Ende wohl den Ausschlag gegeben“, so Wiemers.
Doch der Reihe nach: Auch am Barren begann Obere Lahn stark mit Likhovitskiy, der vier Punkte gegen Andreas Brettschneider holte, und Fabian Lotz, dem Hessenmeister, der dem amtierenden Barren-Europameister Oleg Stepko drei Zähler abknöpfte. Dann aber patzte Fabian Hambüchen, überließ seinem Ex-Verein vier Punkte. Zwei Punkte verlor Thore Gauch. Hauchzart gewann Biedenkopf den Barren, führte mit 29:25 auch den Wettkampf an. Für Gäste-Trainer Alexei Grigoriev war zu diesem Zeitpunkt „alles entschieden“, für Albert Wiemers der Ausgang wieder offen.
Und tatsächlich erlebten die Mannschaften und das Publikum am Reck eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Brettschneider turnte sauber und stark. Wiemers taktierte, stellte Likhovitskiy zurück, setzte Gauch dagegen, der wegen des geringeren Ausgangswertes seiner Kür (4,4 gegen 6,2) fünf Punkte verlor. Dafür gewann Likhovitskiy danach zwei Punkte gegen Robert Weber. Als Fabian Lotz die Reck-Stange verfehlt, auf die Matten stürzte und auch den Abgang verstolperte, schien der Wettkampf verloren. Doch dann fiel auch Anton Wirt vom Gerät, der zwar vier Punkte gewinnt – aber eben „nur“ vier.
Schließlich krönt Hambüchen mit seiner Weltklasse-Übung und dem Sieg gegen Oleg Stepko diesen Abend. Thore Gauch beobachtete das Reck-Spektakel Arm in Arm mit seinen Teamkollegen: „Es ist die Hölle, wenn du nicht mehr eingreifen kannst. Du siehst die Jungs, siehst Fabs abschmieren. Dann stürzt auch der andere und Fabi turnt eine Megaübung durch. Da überschlagen sich die Gefühle!“
Gäste-Trainer Alexei Grigoriev zollte dem Gegner Respekt: „Das ist eine starke Mannschaft. Sie hat verdient gewonnen!“ Wie Obere Lahn, habe auch sein Team Fehler am Barren gemacht und dort den Wettkampf verloren, weil Biedenkopf am Reck ein zu starker Gegner sei. „Theoretische Chancen hatten wir viele, praktische nicht. Das ist Sport“, resümierte Grigoriev, den besonders die taktische Meisterleistung seines Trainerkollegen Albert Wiemers beeindruckte.
Den knappen Sieg rechnen die Turner vor allem ihren Fans an. „Auswärts hätten wir wahrscheinlich mit einem Punkt verloren. Aber das Publikum ist unglaublich: Die sind der fünfte Mann bei uns!“

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